Der Ciclovia Alpe Adria Radweg zählt zu den schönsten und eindrucksvollsten Radstrecken Europas. Er führt von Salzburg über das schöne Kärnten bis an die Adriaküste nach Grado und bietet auf rund 415 Kilometern eine atemberaubende Vielfalt an Landschaften und kulturellen Eindrücken.
Ein Highlight ist die Fahrt auf der umgebauten, perfekt asphaltierten Eisenbahntrasse durch das idyllische Kanaltal, gespickt mit über 20 Tunneln, die das Radfahren über die Alpen zu einem angenehmen Erlebnis machen. Auf dieser Route entdeckt man nicht nur die natürliche Schönheit, sondern auch die kulinarischen Genüsse dreier Regionen – von Salzburger Nockerln über Kärntner Spezialitäten bis hin zu italienischen Köstlichkeiten.
Kürzlich habe ich einen Teil dieses unvergesslichen Radwegs selbst erlebt: Die Strecke von Villach nach Grado. Es war eine Reise mit geringem Zeitaufwand, voller malerischer Landschaften, kultureller Entdeckungen und sportlicher Herausforderungen.
In diesem Artikel möchte ich nicht nur meine persönlichen Erlebnisse teilen, sondern auch wertvolle Erkenntnisse und wichtige Tipps für alle geben, die ebenfalls eine Radreise auf diesem beeindruckenden Weg in Angriff nehmen möchten. Egal, ob du die sportliche Herausforderung suchst oder einfach die Schönheit der Route genießen willst – hier erfährst du, wie du das Beste aus deiner Tour herausholen kannst.
Der Einstieg – Mit dem Zug zum Ausgangspunkt
Meine Reise begann direkt von zu Hause aus mit der S-Bahn nach Villach, dem Ausgangspunkt der Tour. Die Radabteile der ÖBB in den S-Bahnen sind absolut zu empfehlen. Der Einstieg ist barrierefrei und somit auch mit E-Bikes kein Problem. Außerdem gibt es hier jede Menge Platz für dein Fahrrad, und gleich daneben befinden sich Sitzplätze – besonders wichtig, wenn du dein Fahrradgepäck direkt am Rad angebracht hast und es im Auge behalten möchtest. Das Rad lässt sich super einfach mit Zuggurten befestigen, und so steht einer angenehmen Reise nichts mehr im Wege.
Ein wichtiger Punkt: In den Ferien ist es morgens in den Zügen oft angenehm leer, doch zur Schulzeit kann dies anders aussehen. Um Überraschungen zu vermeiden, sollte man vorher abklären, mit welchen Zügen die meisten Schüler unterwegs sind und diese am besten meiden.
Die Etappen-Auswahl
Kriterien:
Körperliche Fitness, Gewohnte Belastung des Hinterns am Fahrradsattel
Zielort-Angebot: Unterkunft, Kulinarik, Sightseeing
Die Wahl der Etappenlänge ist eine der wichtigsten Entscheidungen für eine gelungene Reise. Der wohl wichtigste Parameter zur Wahl der täglichen Streckenlänge ist die körperliche Fitness, die du mitbringst. Die Strecke von Villach bis Grado ist ca. 210 km lang. Idealerweise könnte man sie also auf etwa 105 km pro Tag aufteilen, allerdings landet man dann in der kleinen Stadt Gemona del Friuli. Mir war es wichtig, einen Zwischenstopp in einem Ort zu wählen, wo es mehr zu sehen gibt und wo auch ein größeres Angebot an Restaurants und Sightseeing vorhanden ist. Deshalb habe ich mich entschieden, die erste Etappe etwas länger zu gestalten und gleich nach Udine zu fahren. Dadurch kam ich zwar auf 140 km, hatte dafür aber am nächsten Tag nur noch etwa 70 km bis zum Ziel.
Tag 1: Villach bis Udine
Bis Tarvis geht’s aufwärts
Der Radweg beginnt perfekt nahe am Bahnhof in Villach und führt entlang der Drau Richtung Arnoldstein. Nach Arnoldstein startet die einzige nennenswerte Steigung bis nach Tarvis. Danach geht es gefühlt nur noch bergab. Das Kanaltal entlang, über die alten Bahntrassen, zieht sich eine wunderbare Strecke. Immer wieder durchquert man kleine italienische Städte und Dörfer, in denen man problemlos Kaffeepausen einlegen oder sich ein Mittagessen gönnen kann.
Café Affogato in Pontebba
Mein erster richtiger Stopp war in der kleinen Stadt Pontebba. Um meinen Zuckerbedarf als Sportler zu stillen, gönnte ich mir einen leckeren Café Affogato (Espresso mit Vanilleeis) im Café Nuovo Stelutis – welches ich sehr empfehlen kann. Die Italiener machen einfach herrlichen Kaffee.
Durch Venzone nach Udine
Zurück auf dem Fahrrad ging es durch viele kleine Ortschaften weiter Richtung Udine. Etwa 35 km nach Pontebba führt der Radweg direkt durch die schöne kleine Stadt Venzone. Diese Stadt ist definitiv einen kurzen Stopp wert und bietet ebenfalls das eine oder andere kleine Lokal, um sich für die letzten 40 km bis Udine zu stärken.
Tipp: 22 km vor Udine, in der Stadt Buia, befindet sich ein großer Spar-Supermarkt direkt auf der Strecke. Dieser liegt ideal, um sich ohne viel Zeitaufwand nochmal mit einer Stärkung oder Flüssigkeit zu versorgen.
Ankunft in Udine
Ohne Stress und mit der einen oder anderen kurzen Pause bin ich um ca. 17:00 in Udine angekommen. Perfekt – Apartment einchecken, duschen und bereit für eine gute Pizza. Udine ist eine wirklich schöne Stadt. Die Altstadt war fußläufig von meinem Apartment erreichbar, was nach einem langen Radtag Gold wert war.
Udine am Morgen – Morgensport und das Rathaus als Aussichtsplattform
Da ich ein Frühaufsteher bin, beschloss ich am nächsten Morgen, gleich um 6:30 nochmals die Altstadt anzusehen. Die 140 km des gestrigen Tages spürte ich noch in Form eines etwas steifen Rückens. Ich entschied mich für ein wenig aktive Regeneration in Form eines kurzen Beweglichkeitstrainings (10 Minuten). Dafür ging ich zum Rathaus von Udine, welches mitten in der Stadt auf einer Anhöhe gelegen ist. Die Tore zum Plateau des Rathauses öffneten um 7:00 – jedem, der einen wundervollen Ausblick über Udine bei Sonnenaufgang genießen möchte, kann ich es wärmstens empfehlen. Udine am Morgen ist sehr verschlafen, man merkt den etwas anderen Lebensstil der Italiener, die bis spät abends noch in der Stadt flanieren und am Morgen anscheinend eher gerne länger schlafen. Bis auf einen Fotografen, der auf den einen oder anderen Schnappschuss der historischen Gebäude lauerte, sah ich kaum Personen auf den Straßen.
Tag 2: Udine – Palmanova – Aquileia – Grado
Nach einem ergiebigen Frühstück machte ich mich um ca. 9:30 auf den Weg nach Grado – es waren ja nur noch 70 km. Back on track!
First Stop Palmanova – 42 Grad und es wird noch heißer
Mein nächster, bereits geplanter Stopp war Palmanova. Palmanova ist eine Festungsstadt, die im 16. Jahrhundert zum Schutz vor den Türken gegründet wurde. Diese Stadt ist wirklich besonders sehenswert. Man gelangt ausnahmslos über ein geschickt geregeltes Ampelsystem nur durch die Stadttore in die Innenstadt, welche aus der Luft gesehen sternförmig angelegt ist. Am großen Hauptplatz in der Mitte, dem Piazza Grande, zeigte das Thermometer am Fahrrad 42,5 Grad Celsius an. Es wurde Zeit, weiterzufahren.
Endspurt über Aquileia bis nach Grado
Palmanova lag hinter mir, und es ging in den Endspurt. Der Radweg führte nun durch eine landwirtschaftlich geprägte Gegend, die von weiten Ackerflächen und Feldern bestimmt wird. Die Strecke verläuft direkt durch diese ländliche Landschaft, vorbei an Feldern und Plantagen, was die Nähe zur Natur und das einfache Landleben spürbar macht.
Langsam kam ein Gefühl auf, das viele sicherlich kennen: Das Gefühl, kurz vor dem Ziel des Sommerurlaubs am Meer zu sein. Egal ob es nach Grado, Lignano oder Bibione geht – man glaubt, das Ziel sei gleich erreicht. Doch dann kommt noch eine Stadt, dann wieder eine Siedlung und danach noch ein kleiner Ort. So zieht sich die Strecke auf den letzten Kilometern hin und vermittelt das typische Warten auf den Moment, endlich das Meer zu sehen.
18 km nach Palmanova führte mich der Radweg direkt durch die historische Stadt Aquileia. Eine kleine Stadt des ehemaligen römischen Reichs, deren Geschichte vor Christi Geburt ihren Anfang nahm. Direkt am Weg kann man einen kurzen Radstopp machen und sich das teilweise rekonstruierte antike Forum von Aquileia ansehen.
Die letzten 10 km vergingen wie im Flug. Kurz vor Grado eröffnete sich plötzlich, wie aus dem Nichts, ein weiter Blick auf die Lagune von Grado. Plötzlich sah man überall das Meer. Vorbei am bekannten “Welcome to Grado Tree” war es quasi geschafft. Wunderbar – um 13:30 waren wir angekommen. Noch genug Zeit für einen Nachmittag am Meer und ein gutes Essen in der Altstadt am Abend.
Die Rückreise – Mit dem Zug von Grado nach Villach
Für die Rückreise mit dem Zug muss man mit dem Fahrrad erst nach Cervignano-Aquileia-Grado zurückfahren, was mindestens eine Stunde Fahrzeit erfordert. Bei meiner Rückreise am Sonntag standen zwei Zugtermine zur Auswahl: um 9:30 Uhr morgens und um 16:30 Uhr nachmittags. Ich entschied mich für den Nachmittagszug, um den Sonntag entspannt mit einem Frühstück zu beginnen und noch etwas Zeit am Meer zu verbringen.
Die Zugreise – Cervignano-Aquileia-Grado nach Villach
Das Wichtigste vorab: Laut Internetseite ist eine Platzreservierung für sich und das Fahrrad verpflichtend. In der Realität sah es jedoch anders aus. Ich hatte mein Ticket sicherheitshalber am ÖBB-Schalter gebucht, hatte es jedoch nie vorzeigen müssen. Am Bahnhof angekommen, trafen bereits viele Radreisende ein, die ebenfalls auf den Zug warteten.
Um 16:28 Uhr war es soweit, der Zug kam – bereits leicht überfüllt – an. Es gab nur wenige freie Sitzplätze, trotz Sitzplatzreservierung. Das Verladen der Räder verlief recht zügig. Man musste sein Rad selbst auf einen extra dafür vorgesehenen Waggon heben, was für viele E-Biker wegen des hohen Gewichts eine Herausforderung darstellte. Ab diesem Punkt übernahm das italienische Zugpersonal die Räder und stapelte sie ziemlich eng im Wagen. So manchen Radliebhaber ringte dies sehr viel Vertrauen ab, da in dem Stress mit den teils teuren Fahrrädern nicht zimperlich umgegangen wurde.
Die Räder waren verstaut, und ein Sitzplatz wurde irgendwo zwischen den Reihen gefunden. Ab Udine wurde es im Zug wieder angenehmer, da viele Reisende dort ausstiegen und dadurch die Temperatur im Waggon deutlich sank. Ab diesem Punkt war die Rückfahrt sehr entspannt.
Chaos am Villacher Bahnhof
Die Ankunft in Villach verlief chaotisch. Während das Verladen in Grado mit einer gewissen Ruhe erfolgte, ging es beim Ausladen in Villach deutlich hektischer zu. Das Problem war, dass viele Menschen auf ihr Fahrrad warteten und sich vor dem Zug drängten. Man hatte das Gefühl, es fehle an einem klaren Plan. Es gab zwei Tore, an denen die Räder herausgereicht wurden. Man mussten demnach beide im Auge behalten. Es war stressig, doch schließlich klappte es mit etwas Drängeln und Suchen, und der Stress fiel ab. Geschafft! Mit der S-Bahn ging es dann wieder entspannt von Villach nach Spittal an der Drau.
Fazit der Reise
Es war eine tolle Reise mit vielen schönen Momenten in einer beeindruckenden Umgebung. Ich bin richtig auf den Geschmack gekommen und werde bestimmt weitere längere Radtouren in Richtung Adria unternehmen. Die Etappenplanung würde ich wieder genauso wählen, da Udine viel zu bieten hat und es angenehm ist, am zweiten Tag nur noch eine kürzere Strecke zu bewältigen. Ende August war es noch sehr heiß – ich mag die Hitze, aber die Reise könnte auch im Frühjahr oder Herbst sehr empfehlenswert sein. Die Rückreise mit dem Zug sollte man erlebt haben; vielleicht ist es in den Morgenstunden oder an einem anderen Wochentag etwas entspannter. Insgesamt ein sehr empfehlenswertes Erlebnis.
Meine wichtigsten Tipps für eine schöne Radreise nach Grado:
Verpflegung: Je nach geplanter Etappenlänge sollte genügend Verpflegung im Gepäck sein. Entlang der Strecke gibt es immer wieder Orte, an denen man seine Vorräte auffüllen kann.
Sonnenschutz: Die Stunden auf dem Fahrrad vergehen wie im Flug, dabei sollte man nicht auf Sonnencreme vergessen. Am besten griffbereit in der Satteltasche, sodass man problemlos öfter nachschmieren kann.
Sitzfleisch-Training: Es empfiehlt sich, im Vorfeld mehrere Radtouren mit schrittweise längeren Distanzen zu absolvieren, um den Körper – insbesondere den Hintern – an die Belastung zu gewöhnen. Für Personen, die selten Fahrrad fahren, kann die ungewohnte Belastung bei längeren Strecken schnell unangenehm werden und die Freude an der Tour mindern. Ein untrainiertes Gesäß kann schmerzhaft sein, daher ist es wichtig, das Sitzfleisch durch regelmäßiges Training auf dem Sattel langsam aufzubauen.
Reisegepäck: Schwere Rucksäcke sind für die Reise ungeeignet, da das Gewicht am Rücken nicht nur die Rückenmuskulatur überfordert, sondern auch den Druck auf den Hintern erhöht. Taschen, die am Fahrrad montiert sind, nehmen den Druck vom Körper und übertragen ihn direkt auf das Fahrrad. Dein Hintern wird es dir danken!
Etappenplanung: Wer gerne in kleinen, ruhigen Ortschaften nächtigt, hat viele Möglichkeiten bei der Streckenlänge. Möchte man die Vielfalt einer italienischen Stadt erleben, kann man einen ersten langen Radtag (140 km) einlegen oder die Reise ab Tarvis beginnen und so in Udine entspannt ankommen.
Hydration: Bei heißen Sommertagen empfiehlt es sich, viel zu trinken. Achte darauf, dass du mindestens zwei Fahrradflaschen griffbereit hast und eventuell zusätzlichen Platz für Wasser in Taschen oder Rucksäcken einplanst. Bei langen Etappen sollten nicht nur reines Wasser, sondern auch Elektrolyte zugeführt werden. Dazu mehr in Kürze auf meinem Blog.
Zugtickets und Reisen: Laut Website der Bahn ist für die Rückreise eine Sitzplatzreservierung erforderlich. Am einfachsten funktioniert dies am ÖBB-Schalter in Villach.
Möchtest du dich auf eine solche Radtour optimal vorbereiten? Dann schreibe mir. Ich unterstütze dich gerne bei deinem Training für eine kraftvolle und entspannte Radreise!
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